Was, wenn der Staat das Problem ist – nicht die Lösung?
Du kennst das sicher: Die Krankenkassenprämien steigen jedes Jahr, die Politik verspricht seit Jahrzehnten Besserung – und trotzdem flattert im Herbst wieder ein Brief ins Haus mit einem saftigen Zuschlag. Willkommen in der Realität des Schweizer Gesundheitssystems. Und ja, du darfst dich fragen: Kann der Staat das eigentlich? Oder ist er – um es mit den Worten der Austrian School of Economics zu sagen – schlichtweg ein miserabler Manager?
Die österreichische Schule der Nationalökonomie (kurz: Austrian School) ist dafür bekannt, ungemütliche Wahrheiten auszusprechen. Carl Menger, Ludwig von Mises und Friedrich August von Hayek würden wahrscheinlich heute mit einem süffisanten Lächeln auf die Schweizer Gesundheitskosten schauen und sagen: «Wir haben es euch doch gesagt.»
Der Staat als schlechter Manager
Das Grundproblem aus Sicht der Austrian School: Der Staat verfügt weder über die nötigen Informationen noch über die richtigen Anreize, um komplexe Systeme effizient zu steuern. Märkte dagegen sind dezentrale Informationsverarbeitungsmaschinen. Preise sind Signale, sie bündeln Wissen, das kein Beamter je erfassen kann. Und wenn Fehler passieren, werden Unternehmen abgestraft – im schlimmsten Fall mit der Pleite. Der Staat dagegen kann seine Defizite einfach durch Steuern oder Schulden kaschieren.
Übertragen auf die Gesundheit heisst das: Eine obligatorische Grundversicherung, die fast alles abdeckt, erzeugt ein «Third-Party-Payer»-Problem. Du gehst zum Arzt, die Kasse zahlt, und du spürst die Kosten nicht direkt. Folge: Überkonsum. Klingt nach einem Gratis-Buffet – bis die Rechnung kommt.
Haftung als universelles Prinzip
Die Austrian School lehnt staatliche Allmacht nicht nur im Gesundheitswesen ab, sondern generell. Ob private Monopole, Umweltzerstörung oder Klimakrise: Ihr Rezept ist ähnlich. Statt zentraler Planung setzt sie auf Eigentumsrechte und Haftung.
Monopole: Ohne staatliche Schutzwälle (Konzessionen, Subventionen, Marktzugangsbeschränkungen) sind Monopole in freien Märkten selten stabil. Missbraucht ein Anbieter seine Marktmacht, öffnen sich Chancen für neue Wettbewerber. Staatliche Kartellpolitik? Aus österreichischer Sicht oft mehr Problem als Lösung.
Klimakrise: Auch hier gilt das Haftungsprinzip. Wer CO₂ in die Luft bläst oder Flüsse verschmutzt, soll die Schäden tragen. Keine bürokratischen Grenzwerte, sondern klare Verantwortlichkeit. «Das Problem der wirtschaftlichen Berechnung im Sozialismus ist unlösbar», schrieb Mises – und auch Umweltpolitik kann nicht ohne Preise und Haftung auskommen.
Gesundheitskosten: Was beim Klima die Emission ist, ist im Gesundheitswesen die überbeanspruchte Versicherung. Auch hier setzt die Austrian School auf Preissignale und Haftung. Wer Leistungen konsumiert, soll mehr davon spüren. Und wer Fehler macht (Stichwort: Behandlungsqualität), soll haften.
Konkrete Zahlen aus der Schweiz
Ein Blick auf die nackten Zahlen:
Durchschnittsprämie 2025: CHF 378.70 pro Monat (+6 % gegenüber 2024).
Trend 2023–2025: +6.6 %, +8.7 %, +6 % – für 2026 sind weitere +4 % prognostiziert.
Gesamtausgaben: Von CHF 99.1 Mrd. (2024) auf über CHF 106 Mrd. (2026), knapp 12 % des BIP.
Franchise: CHF 300 bis 2 500. Dazu 10 % Selbstbehalt, max. CHF 700 pro Jahr.
Zusatzversicherungen: 2022 ca. CHF 13 Mrd. Prämienvolumen, etwa 12 % der Gesamtausgaben.
Mehr, teurer, komplexer – so lautet die Bilanz. Die Politik diskutiert über mehr Regulierung, mehr staatliche Planung, mehr Umverteilung. Die Austrian School würde trocken anmerken: «Vielleicht liegt genau darin das Problem.»
Das Austrian Health Playbook
Was also tun? Die Austrian School würde das Schweizer Gesundheitssystem nicht komplett abschaffen, sondern radikal entrümpeln. Das Playbook sieht in etwa so aus:
Versichern, was ruinös ist. Katastrophenschutz obligatorisch – schwere Krankheiten, Unfälle, teure Therapien. Alles andere: raus aus der Pflicht, hinein in Cash oder Abos.
Franchisen hoch, Preise sichtbar. Je höher die Franchise, desto stärker der Anreiz, Kosten zu überdenken. Wer eine tiefe Franchise wählt, geht 25–35 % häufiger zum Arzt. Moral Hazard in Reinkultur.
Cash & Abos für den Rest. Routineleistungen wie Hausarztbesuche oder kleinere Eingriffe werden direkt bezahlt oder über Monatsabos (Direct Primary Care) abgedeckt. Preisschilder inklusive.
Transparenz statt Tarifdschungel. Paketpreise für Operationen, Geburten, Psychotherapie. Vergleichsportale, Outcome-Register, Qualitätsrankings. Wettbewerb um das beste Preis-Leistungs-Verhältnis.
Haftung ernst nehmen. Kliniken und Ärzte haften für Fehler, Versicherer für Fehlkalkulationen. Qualität wird einklagbar, Innovation lohnenswert.
Gezielte Zuschüsse. Wer sich hohe Franchisen nicht leisten kann, bekommt staatliche Unterstützung – transparent aus dem Budget, nicht versteckt über Zwangsumverteilung.
Simulation: Was bringt das?
Eine Modellrechnung zeigt: Wenn rund 30 % der Routineleistungen in Cash/Abos wandern, sinkt die durchschnittliche Prämienlast um 20–25 %. Gesamtausgaben könnten leicht zurückgehen, weil Preisbewusstsein steigt und ineffiziente Nachfrage schrumpft. Natürlich, das ist kein Allheilmittel. Chronisch Kranke oder Menschen mit tiefem Einkommen brauchen Schutz. Aber dieser Schutz wird gezielt, nicht flächendeckend verteilt.
Ironischer Nachsatz
Natürlich, die Austrian School klingt für viele nach kaltem Liberalismus. Eigenverantwortung, Haftung, Markt – das wirkt ungemütlich in einer Welt, in der wir uns an die fürsorgliche Hand des Staates gewöhnt haben. Aber vielleicht ist genau das der Punkt: Wenn der Staat als Manager immer wieder versagt, sollte man sich fragen, ob er diesen Job überhaupt haben sollte.
Oder anders gesagt: Würdest du deine Krankenkasse von denselben Leuten managen lassen, die auch für den Gotthardtunnel-Betrieb, die Armee-Beschaffung und die Digitalisierungsprojekte zuständig sind? Eben.
Fazit
Die Austrian School liefert kein perfektes Rezept für alle Probleme, aber sie erinnert uns an eine unbequeme Wahrheit: Märkte sind oft klüger als Ministerien. Haftung diszipliniert mehr als Verordnungen. Und echte Preise wirken nachhaltiger als Subventionen.
Für die Schweiz heisst das: Wenn wir wirklich etwas gegen die Kostenexplosion tun wollen, reicht es nicht, die nächste Reform mit noch mehr Regulierung zu verabschieden. Wir müssen den Mut haben, den Staat als schlechten Manager zu entlarven – und die Verantwortung wieder dorthin zu geben, wo sie hingehört: zu dir, zu mir, zum Markt.
Denn eines ist sicher: Die nächste Prämienerhöhung kommt bestimmt. Die Frage ist nur, ob wir weiterhin brav zahlen – oder ob wir endlich das System selbst hinterfragen.