Milei vs. Trump: Zwei Retter oder zwei Risikoszenarien?

Was haben Javier Milei und Donald Trump gemeinsam – und warum trennt sie doch ein politisches Universum?

Beide sind Quereinsteiger, beide provozieren, beide inszenieren sich als Retter gegen das Establishment. Aber während der eine den Staat am liebsten abwickeln würde, benutzt der andere ihn als Rammbock.

Vom TV-Studio ins Präsidentenamt

Donald Trump und Javier Milei teilen denselben Karriereweg: vom Bildschirm ins höchste Amt. Trump – Immobilienmagnat und Reality-TV-Star – machte die Republikanische Partei zu einer Bühne seiner Marke MAGA. Milei – Ökonom mit Rockerfrisur und Hang zu Talkshow-Ausbrüchen – katapultierte sich mit seiner eigenen Mini-Partei ins Präsidentenamt.

Der Unterschied: Trump ist Pragmatiker und Geschäftsmann, Milei ein Ideologe. Trump zitiert vor allem sich selbst, Milei dagegen Ludwig von Mises und Friedrich August von Hayek, als wären es alte Weggefährten.

Feindbilder im Vergleich

Mileis Hauptgegner ist der Staat. In seinen Worten: „Die Zentralbank ist eine kriminelle Organisation.“ Sein Rezept: Ministerien halbieren, Subventionen streichen, Staatsbetriebe verkaufen.

Trump sieht den Staat nicht als Feind, sondern als Werkzeug. Unter „America First“ versteht er Zölle, Strafmassnahmen und notfalls auch Milliarden-Subventionen. Milei will das System sprengen, Trump es zu seinen Zwecken biegen.

Dollarisation vs. America First

Das Herzstück von Mileis Plan ist die Dollarisation. Der argentinische Peso soll verschwinden, der US-Dollar übernehmen. Damit verliert Argentinien jede geldpolitische Souveränität. Steigt in Washington der Leitzins, spürt Buenos Aires es sofort.

Milei stört das nicht: Hauptsache, Argentinien kann nie wieder selbst Geld drucken. Für ihn ist Abhängigkeit von der Fed kleineres Übel als ein weiteres „Made in Buenos Aires“-Inflationsdesaster.

Trump dagegen würde niemals die Dollar-Hoheit aufgeben. Im Gegenteil: Er setzt die US-Währung als Machtinstrument ein – geopolitisch wie innenpolitisch.

Wachstum – Mileis Rezept

Milei weiss, dass die Dollarisation allein kein Wachstum bringt. Seine Strategie:

  • Staatsabbau: weniger Bürokratie, weniger Beamte.

  • Handelsöffnung: Zölle runter, Konkurrenz rein.

  • Investoren locken: stabile Währung, tiefe Steuern.

  • Rohstoffboom: Lithium, Öl, Gas als Wachstumsmotor.

  • Arbeitsmarkt flexibilisieren: Schutz abbauen, Schwarzarbeit reduzieren.

Seine Hoffnung: entfesselte Märkte führen automatisch zu mehr Dynamik. Kritiker warnen jedoch vor Oligopolen, die ohne Regulierung die Preise diktieren könnten.

Realitätstest: Ecuador & El Salvador

Ein Blick nach Lateinamerika zeigt: Dollarisation bringt Stabilität – aber Wachstum garantiert sie nicht.

  • Ecuador (seit 2000): Inflation von fast 100 % auf 2–5 % gedrückt, Armut halbiert. Wachstum robust, aber stark vom Ölpreis abhängig.

  • El Salvador (seit 2001): Inflation tief und stabil, aber Wirtschaftswachstum nur bei 2 % pro Jahr. Auswanderung blieb hoch, Armut ging kaum zurück.

Lehre für Argentinien: Der Dollar zähmt die Inflation, doch Wohlstand hängt von Reformen und Investitionen ab.

Monopole – Mileis blinder Fleck?

Was, wenn mächtige Konzerne Preise diktieren? Milei glaubt: „Echte“ Monopole gibt es nur mit Staatshilfe. Öffne die Märkte, und internationale Anbieter brechen jede Marktmacht.

Kritiker widersprechen: In Netzindustrien wie Strom oder Internet entstehen natürliche Monopole, dort braucht es Regulierung. Trump hat damit kein Problem – er droht Konzernen offen und setzt den Staat als Waffe ein. Milei dagegen will den Schläger entsorgen.

Kulturkampf vs. Ökonomismus

Trump lebt vom Kulturkampf. Abtreibung, Migration, Waffenrechte – seine Basis jubelt, wenn er rote Linien zieht. Milei hingegen interessiert Moralpolitik nur am Rande. Sein Weltbild ist ökonomisch: Staat runter, Markt rauf. Selbst bei Abtreibung hat er die Meinung mehrfach gewechselt.

Internationale Bühne

Milei sieht die Welt ideologisch: pro USA, pro Israel, antichinesisch, antirussisch. Für ihn ist das ein Kampf Freiheit gegen Autoritarismus. Trump dagegen ist Transaktionalist: Russland? Vielleicht ein Gespräch. China? Ein Handelskrieg, wenn es nützt. Nordkorea? Ein Deal. Ideologie spielt nur eine Nebenrolle.

Fact-Box: Aktuelle Zahlen (2025)

  • Argentinien

    • Inflation: von 211 % (2023) auf 1,5 % monatlich (Juni 2025)

    • Armut: von 57 % auf 31 % gesunken

    • BIP-Wachstum Q1 2025: +5,8 %

  • USA

    • Trumps Zustimmung: ca. 40 % (Reuters/Ipsos)

    • Vertrauen in seine Wirtschaftspolitik: 45 %

    • Vertrauen in seine Migrationspolitik: 48 %

Revolutionär trifft Populist

Unterm Strich:

  • Milei ist ein anarchokapitalistischer Revolutionär. Er glaubt an die totale Befreiung der Märkte – auch auf die Gefahr hin, dass Oligopole profitieren.

  • Trump ist ein nationalpopulistischer Machtspieler. Er sieht im Staat ein Werkzeug für Deals, nicht einen Gegner.

Am Ende

Man könnte sagen: Milei will den Staat erdrosseln, Trump will ihn umarmen – solange er ihm gehorcht. Beide sind Meister der Polarisierung. Doch während Milei sich als intellektueller Freiheitskämpfer inszeniert, spielt Trump den Entertainer, der Politik wie eine Reality-Show führt.

Und die Bevölkerung? In Argentinien hofft sie, dass diesmal die Inflation wirklich besiegt ist. In den USA hofft sie, dass der nächste „Deal“ nicht auf ihre Kosten geht.

Am Ende bleibt die wichtigste Gemeinsamkeit: Beide zeigen, wie sehr sich Demokratien nach starken Männern sehnen – auch wenn diese Stärke sehr unterschiedliche Frisuren hat =)

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Was, wenn der Staat das Problem ist – nicht die Lösung?

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